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Kurzfassung

Hintergrund

Beim Übergang zu einer kohlenstoffarmen Gesellschaft spielt Deutschland eine führende Rolle in Europa und hat sich ehrgeizige Ziele für seinen Beitrag zum weltweiten Kampf gegen den Klimawandel gesetzt. Mit dem Energiekonzept 2010 und der 2011 beschlossenen Energiewende hat sich das Land verpflichtet, die Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2050 um 80 bis 95 % gegenüber den Werten von 1990 zu senken und den Ausstieg aus der Atomenergie bis zum Jahr 2022 zu vollziehen.

Damit dieses Ziel erreicht werden kann, sind erhebliche Investitionen in erneuerbare Energien, Energieeffizienz und weitere Maßnahmen zur Reduktion von Treibhausgasen nötig. Allein durch staatliche Mittel ist diese Wende nicht finanzierbar. Aus diesem Grund müssen dringend die folgenden Punkte geklärt werden: 1) der aktuelle Stand der Investitionen, 2) mögliche Investitionslücken und 3) wie sich mithilfe von Politik- und Finanzmaßnahmen ein attraktives Umfeld schaffen lässt, das Anreize für private Investitionen setzt.

Als ersten Schritt zur Beantwortung dieser Fragen nimmt die vorliegende Studie eine Einschätzung dazu vor, wie viel Geld in Deutschland derzeit in die Reduzierung der Treibhausgasemissionen investiert wird. Anhand der Zusammenführung von Daten aus den verschiedensten Quellen zeichnen wir eine Übersicht der Finanzierungsströme von ihrem Ursprung über die Vermittlung und die eingesetzten Finanzinstrumente bis hin zu den Bereichen, in denen die Gelder verwendet werden. Das Ergebnis ist die erste, umfassende Momentaufnahme der Klimafinanzierung in Deutschland im Jahr 2010.

Es wurden generell Daten für 2010 verwendet, da dies das aktuellste Jahr ist, für das die Mehrzahl der relevanten Daten vorliegt. Für den Bereich Industrie wurden Daten aus 2009 und für elektrische Geräte wurden Daten anhand von Verkaufszahlen und Preisen zwischen 2007 und 2012 berechnet.

Wer investiert wie viel und worin?

 

  • Laut unserer Recherchen wurden für die Förderung eines Übergangs hin zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft in Deutschland 2010 mindestens 37 Milliarden Euro bzw. 1,5 % des BIP investiert. Dazu zählen die gesamten Kapitalkosten für erneuerbare Energien und die energiebedingten Mehrkosten für alle sonstigen Investitionen. Das deutsche Klimafinanzierungsdiagramm in Abbildung 1 (auch „deutsches Spaghetti-Diagramm“genannt) gibt einen Überblick der klimaschutzspezifischen Finanzströme während ihres gesamten Lebenszyklus.
  • Mehr als 95 % der Klimafinanzierung in Deutschland kam aus dem Privatsektor, wobei nahezu die Hälfte durch zinsvergünstigte Darlehen staatlicher Banken (Förderbanken) gefördert wurde. Das bedeutet, dass die öffentliche Hand bei der Förderung privater Investitionen eine wichtige Rolle gespielt hat. Beim Großteil der privaten Mittel handelte es sich um Investitionen von Unternehmen (22 Milliarden Euro) der Privatwirtschaft, allen voran die Firmen der Energiebranche. Auch Privathaushalte leisteten mit 14 Milliarden Euro einen erheblichen Beitrag.
  • Bei den Klimainvestitionen 2010 stellten die erneuerbaren Energien mit Kapitalanlagen von insgesamt 26,6 Milliarden Euro den Löwenanteil. Der größte Teil der Gelder stammt aus Privathaushalten (37 %). Energiedienstleister, Banken und andere Finanzgeber im Energiebereich investierten 25 %, landwirtschaftliche Betriebe 20 %, 16 % entfielen auf Gewerbe und Industrie und die verbleibenden 2% auf den öffentlichen Haushalt. Vorherrschend im Bereich der erneuerbaren Energien waren kleine Projekte wie zum Beispiel Solarstromanlagen auf Wohnhäusern, auf die 75 % der Gesamtinvestitionen in erneuerbare Energien entfielen, während es sich bei den restlichen 25 % um Großprojekte handelte.
  • In die Energieeffizienz flossen insgesamt 7,2 Milliarden Euro an neuen Investitionen. Der größte Teil dieser Investitionen kam mit 5,8 Milliarden Euro der Effizienzverbesserung von Gebäuden und Elekrogeräten zugute.

Was waren die wichtigsten Faktoren zur Unterstützung dieser Investitionen?

 

  • Der hohe Anteil privater Investitionen fällt mit bedeutenden staatlichen Anreizen wie zinsvergünstigte Darlehen und Einspeisevergütung zusammen. Im Jahr 2010, als der Privatsektor mehr als 70 % seiner klimaschutzspezifischen Investitionen in den Bereich erneuerbare Energien steckte, haben Unternehmen, Privathaushalte und Landwirte auf 11,3 Milliarden zinsvergünstigter Darlehen zur Förderung ihrer Investitionen in erneuerbare Energien zurückgegriffen. Die im Jahr 2010 an Privathaushalte und Unternehmen ausgezahlten Einspeisevergütungen (EV) betrugen insgesamt rund 13,1 Milliarden Euro. Während der letztgenannte Betrag die Zahlungen für den gesamten im Jahr 2010 ins Netz gespeisten regenerativen Strom widerspiegelt (und nicht nur die 2010 errichteten oder finanzierten Kapazitäten), unterstreicht die Größenordnung der Finanzströme im Zusammenhang mit der EV die Bedeutung dieses Instruments für private Investitionen in erneuerbare Energien. Über die EEG-Umlage auf den Strompreis wird die EV letztendlich durch den Privatsektor finanziert. Die Industrie ist hiervon weitgehend befreit, weshalb der Großteil der Kosten von Privathaushalten und kleinen und mittleren Unternehmen getragen wird.
  • Öffentliche Banken spielten eine wichtige Rolle bei der Bereitstellung der oben erwähnten zinsvergünstigten Darlehen. Diese zinsvergünstigten Darlehen stellten 43 % der Gesamtinvestitionen in erneuerbare Energien und 72 % der Investitionen in Energieeffizienz. Hauptnutznießer waren Privathaushalte (KfW) und Landwirte (Rentenbank).

Waren die Informationen zur Klimafinanzierung in Deutschland frei und einfach zugänglich?

 

  • Daten zur Klimafinanzierung werden in den öffentlichen Haushalten bzw. durch den Privatsektor nicht systematisch und umfassend ausgewiesen. Es gibt keine feststehende Definition für klimaschutzspezifische Finanzierungen, und es besteht – mit einigen Ausnahmen, wie Programme unter der Leitung des Bundesumweltministeriums und der KfW – kein offizielles Verfahren und kein gemeinsamer Rahmen für Erfassung, Berichterstattung und Überprüfung (von Ausgaben für den Klimaschutz.
  • Es gibt keine systematische und umfassende Einschätzung der Wirksamkeit der öffentlichen Klimafinanzierung (aus dem deutschen Staatshaushalt und aus EU-Geldern) zur Erreichung von Treibhausgasreduktionen, Verbesserungen bei der Energieeffizienz und Verbreitung erneuerbarer Energien. Ausgewertet wird derzeit lediglich die Wirkung einzelner Programme (wie die Programme der Nationalen Klimaschutz Initiative oder der KfW).
  • Die Vergleichbarkeit unterschiedlicher Arten von Finanzströmen in Deutschland wird durch Schwierigkeiten bei der Berechnung der Zusatzkosten von Investitionen in erneuerbare Energien behindert. Aufgrund dieser Schwierigkeiten wird im vorliegenden Bericht beides berücksichtigt: sowohl die Zusatzkosten für Energieeffizienz und andere, nicht energiebezogene Wege zur Emissionsreduzierung, als auch die vollen Anlagekapitalkosten für erneuerbare Energien. Um ein vollständiges Bild der deutschen Klimafinanzierung unter dem Gesichtspunkt von Zusatzkosten und Nettoflüssen zu geben, werden weitere Anstrengungen erforderlich sein.

Dieser Mangel an Informationen stellt ein Hindernis für die Optimierung und Weiterentwicklung effektiver politischer Rahmenbedingungen zur Mobilisierung von Finanzmitteln für den Klimaschutz dar.

Um die Wirkungsweise der Ansätze zur Klimaschutzfinanzierung besser verstehen zu können, brauchen wir für die Mittel aus Deutschland und der EU ein umfassenderes System für Berichterstattung und Überprüfung (MRV). Hierfür wiederum bedarf es klarerer Definitionen, einer besseren Koordinierung der Nachverfolgung von Finanzströmen sowie eines verbesserten und einfacheren Zugangs zu Informationen.

Offene Fragen und potenzielle Auswirkungen auf die Politik

Unser Übersichtsbericht zur deutschen Klimafinanzierung wirft wichtige Fragen auf, die eindeutige politische Auswirkungen nach sich ziehens:

  • Besteht ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen Investitionen in kleine und
    große erneuerbare Energieanlagen?
    Die Großinvestitionen in erneuerbare Energien liegen derzeit weit hinter den Kleininvestitionen. Um herauszufinden, ob eine Fortsetzung des derzeitigen Verhältnisses einen kosteneffektiven Ansatz zur Erreichung der ehrgeizigen langfristigen Zielvorgaben zu erneuerbaren Energien darstellt, sind weiterreichende Analysen nötig.
  • Wie sieht eine optimale Aufteilung zwischen Investitionen in regenerative Energieerzeugung und Investitionen in die Stromnetz-Infrastruktur aus? Um Deutschlands ehrgeizige Energie- und Klimaziele zu erreichen, sind beide vonnöten. Unsere Schätzungen der Investitionen im Energiesektor zeigen ein potenzielles Ungleichgewicht, was Anlass zu der Frage gibt, ob die Stromnetze und deren Ausbaugeschwindigkeit mit der zu erwarten den Zunahme verfügbarer Kapazitäten aus erneuerbaren Energien Schritt halten können. Diese Frage muss noch tiefgreifender analysiert werden.
  • Werden die Finanzströme effektiv eingesetzt und sind sie hilfreich bei der Bewältigung der Herausforderungen des Klimawandels? Die Frage nach der Wirksamkeit politischer Maßnahmen (darunter die Wirksamkeit der nach Deutschland fließenden EU-Finanzmittel) stellt die größte Lücke in der deutschen Klimafinanzierungslandschaft dar. Um sicher zustellen, dass öffentliche Gelder wirksam eingesetzt werden, und für die Mobilisierung zusätzlicher privater Finanzmittel brauchen wir ein besseres Verständnis der Effektivität von Politik- und Finanzinstrumenten auf EU-Ebene, staatlicher und regionaler Ebene.

 

Ausblick

In dieser Studie wird durch eine erstmalig umfassende Darstellung der klimaschutzspezifischen Finanzströme in Deutschland der Grundstein für den wissenschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Diskurs zur deutschen Klimafinanzierung gelegt. Sie stellt zudem den ersten Schritt zur Ermittlung der wichtigsten Probleme und Lösungen bei der Nachverfolgung der Klimafinanzierung in Deutschland dar. Von grundlegen der Bedeutung für den Aufbau eines angemessenen und effektiven Finanzierungsrahmens für die Energiewende
in Deutschland wird ein besseres Verständnis der Wirksamkeit von Politik- und Finanzinstrumenten sein.

Dazu zählt auch die Frage, welche Rolle verschiedene Instrumente in Kombination spielen und wie verschiedene Investoren diese Instrumente aufnehmen. Darüber hinaus können strenge Berichterstattung und Überprüfung sowie eine systematische Wirksamkeitsanalyse für Lernprozesse, bei der Planung und der Aufstellung des Haushalts auf Bundesebene unterstützend wirken und zu mehr Effektivität der Klimapolitik und -finanzierung führen.

Zusammen mit ihren Partnern und anderen relevanten Akteuren wird die CPI auch weiterhin an der Verbesserung von Verständnis und Transparenz der deutschen Klimafinanzierungsstrukturen arbeiten.

 

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